Kapazitätsgrenze in der Erstaufnahme des Landes erreicht

Die Kapazitätsgrenzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sind erreicht. Deshalb haben sich Land, Landkreistag, Städtetag, Gemeindetag und Regierungspräsidien auf weitere Maßnahmen zur Aufnahme von Geflüchteten verständigt.

Angesichts der dramatisch zugespitzten Migrationslage haben das Ministerium der Justiz und für Migration, der Landkreistag, der Städtetag und der Gemeindetag Baden-Württemberg sowie alle vier Regierungspräsidien am 24. August 2022 in einer Telefonkonferenz unter der Leitung von Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges und Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek die aktuelle Situation analysiert und weitere Schritte im gemeinsamen Vorgehen abgestimmt. 

Die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes mit Geflüchteten aus der Ukraine und Asylbegehrenden sind voll belegt trotz erheblichen Kapazitätsausbau und einem weiteren Aufbau. Bei einem durchschnittlichen Zugang Geflüchteter aus der Ukraine von rund 240 Personen pro Tag ist in der Erstaufnahme des Landes, Wochen vor der erfahrungsgemäß zugangsstarken Herbstsaison, die Kapazitätsgrenze erreicht. Allein in den letzten sieben Wochen hat sich der durchschnittliche Zugang ukrainischer Geflüchteter mehr als verdoppelt. Hinzu kommt allein bei den Asylsuchenden der höchste Halbjahreszugang seit 2016.

 

Weitere Maßnahmen zur Aufnahme Geflüchteter

Vor diesem Hintergrund haben sich die Beteiligten insbesondere auf folgende Maßnahmen verständigt:

  • Eine weiterhin enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie ein permanenter Informationsaustausch zwischen Ministerium der Justiz und für Migration, den vier Regierungspräsidien und den Kommunalen Landesverbänden ist unerlässlich, um die Herausforderung der Flüchtlingsaufnahme stemmen zu können.
  • Für Geflüchtete aus der Ukraine sieht das Flüchtlingsaufnahmegesetz eine optionale Erstaufnahme durch das Land vor. Die Aufnahme erfolgte bislang zur Entlastung der unteren Aufnahmebehörden. Die aktuelle Zugangslage gebietet es jedoch, Geflüchtete aus der Ukraine schneller und nur mit kurzfristigen Aufenthalten von wenigen Stunden in der Erstaufnahme und ohne vorherige Registrierung direkt auf die Stadt- und Landkreise zu verteilen.
  • In der aktuellen Lage müssen erneut auf allen Ebenen zusätzliche Flüchtlingsunterkünfte und kurzfristig Notunterkünfte wie etwa Sporthallen geschaffen werden.
  • Dies bedeutet in einer ohnehin höchst angespannten Unterbringungssituation, dass weitere Notkapazitäten geschaffen und betreut werden müssen.
  • Auf Ebene der unteren Aufnahmebehörden wird in einem rotierenden System eine siebentägige Rufbereitschaft eingerichtet. Damit ist auf allen Ebenen eine tägliche Verteilung neu ankommender Geflüchteter aus der Ukraine gewährleistet.
  • Auf eine weiterhin gleichmäßige Verteilung der Geflüchteten auf die Stadt- und Landkreise wird geachtet. Dabei ist es unerlässlich, dass die jeweils zugewiesenen Menschen vollumfänglich aufgenommen werden.

Gemeinsame Erklärung der Beteiligten

Gemeinsame Erklärung von Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges, Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek, Landrat Joachim Walter, Präsident des Landkreistags, Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Städtetag Baden-Württemberg, Steffen Jäger, Präsident Gemeindetag Baden-Württemberg, Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder, Regierungspräsidentin Susanne Bay und Regierungspräsident Klaus Tappeser:

„Die Flüchtlingssituation in Baden-Württemberg entwickelt sich äußerst schnell und in besorgniserregender Weise. Sowohl die Zahl der ukrainischen Geflüchteten als auch die Asylbewerberzahlen steigen weiter stark an. Folge ist, dass die Aufnahmeeinrichtungen bereits jetzt, Wochen vor der erfahrungsgemäß zugangsstarken Herbstsaison, an die Grenzen vorhandener Kapazitäten stoßen. Dies stellt nicht nur alle Verantwortlichen vor eine äußerst schwierige Aufgabe, die zu bewältigen einen Kraftakt auf allen Ebenen voraussetzt. Wenn zusätzliche Unterkünfte geschaffen werden müssen, wo vorhandene Raum- und Personalkapazitäten ausgeschöpft sind, bleibt dies auch für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort nicht ohne Folgen. Leider bewahrheitet sich auch in dieser Hinsicht, was bereits zu Beginn des Krieges befürchtet wurde: Der russische Angriff auf die Ukraine vor sechs Monaten hat spürbare Auswirkungen auch auf unser Land. Daher ist die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger der letzten Monate besonders hervorzuheben. Auf diese bauen wir weiterhin.“

 

Situation der Geflüchteten im Land

Insgesamt hat das Land seit Kriegsbeginn im Februar 2022 rund 120.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Baden-Württemberg aufgenommen. Hinzu kommen im Jahr 2022 bislang weitere rund 15.000 Asylsuchende.

Die Aktivierung der Massenzustromrichtlinie hat zur Folge, dass Flüchtende aus der Ukraine – anders als Asylbegehrende – direkt in der vorläufigen Unterbringung bei den Stadt- und Landkreisen unterzubringen sind. Für sie sieht das Flüchtlingsaufnahmegesetz lediglich eine optionale Erstaufnahme vor. Im Gegensatz zu dieser Personengruppe sind Asylsuchende aus anderen Staaten jedoch verpflichtet, in Erstaufnahmeeinrichtungen im Sinne der Paragraphen 44 folgende des Asylgesetzes mitunter mehrere Monate zu wohnen. Auch diese Zahl der Asylsuchenden steigt stark an.

 

Informationen rund um die Ukraine-Krise